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Entscheidung liegt bei der Gemeinde Sylt

Wird das Camp aufgelöst?

Foto: Nicole Lütke Am Donnerstagmorgen waren die Bewohner des Camps am Rathaus noch da.

Westerland. Zwischen dem ersten Laub stehen noch zahlreiche Zelte. An diesem Morgen herrscht noch Ruhe in Camp. Einige Bewohner schlafen noch. Unrat stapelt sich in der Gegend: Einkaufswagen, offene Raviolidosen, diverse Klamotten, Tüten und anderes Zeugs. Die ersten Bewohner des Protestcamps haben sich aus ihren provisorischen Betten erhoben und warten. Was in den nächsten Stunden passieren wird, wissen sie nicht. Nur so viel ist klar: Die Bewohner müssen den Park räumen. Der Kreis Nordfriesland hat eine Verlängerung des Camps über den 31. August hinaus abgelehnt.

Grundrechte der Anwohner wurden beeinträchtigt

„Wir mussten sorgsam abwägen zwischen dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und den Grundrechten der Anwohner, der Einwohner und der Urlaubsgäste, die durch das Protestcamp beeinträchtigt wurden“, erläutert Kai Mintrop. Er leitet den Fachdienst Recht und Sicherheit der Kreisverwaltung, in dem die Versammlungsbehörde angesiedelt ist. Als Beispiele nennt Mintrop fortgesetzte Störungen der Nachtruhe, weil die Teilnehmer des Camps nachts grölen, singen, schreien und streiten. Auch tagsüber sorge das Camp etwa mit Musik und Kundgebungen via Megafon sowie dem ständigen Hin und Her der Bewohner, die teils mit klirrenden Flaschen beladene Einkaufswagen vom und zum Camp schieben, für eine beträchtliche Lärmentwicklung.

Bis zu einem gewissen Grad müssen Anwohner Lärm und andere Nachteile durch Protestcamps und Demonstrationszüge hinnehmenDas hat das Verfassungsgericht klargestellt. Es hat aber auch festgelegt, dass es Grenzen gibt – sowohl von der Art der Beeinträchtigung als auch von ihrer Dauer her“, betont Kai Mintrop.

„Wo sollen wir denn hin?“, fragt ein Bewohner

Die Polizei hielt sich mit Aussagen zum genauen Zeitpunkt der Räumung stark zurück. Auch die Anzahl der Kräfte, mit der man im Einsatz sein werde, wurde nicht genannt. Die Bewohner warten nun gespannt, was nun passieren wird. „Die meisten Infos wissen wir auch nur aus der Zeitung“, erklärte einer der Protestierenden. Sie hätten vorgeschlagen, auf eine andere Fläche umzuziehen, doch das möchte die Gemeinde nicht. „Wo sollen wir denn dann hin?“, fragt er. Und deutet dabei eine Lösung an, die den meisten Syltern nicht gefallen düfte: in die Fußgängerzone.
Das Camp an der Nicolai-Kirche ist inzwischen komplett freiwillig geräumt worden. Jurist Rober Schlenker: „Dieses Camp war nicht, wie angekündigt, der Ort des politischen Protests, sondern diente vor allem als Schlafplatz, ohne extremen Lärm zu verursachen.“ Deshalb habe die Versammlungsbehörde es zwar nicht mehr als politische Versammlung nach Artikel acht Grundgesetz angesehen, es aber auch nicht aufgelöst.
Das Camp im Rathauspark hingegen sei durchaus permanent für Kundgebungen vor Ort genutzt worden. „Die Teilnehmer haben ihre gesellschaftspolitischen Anliegen nun vier Wochen lang in der Öffentlichkeit vertreten und ein erhebliches Maß an Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Damit haben die Protestierer ihr Grundrecht verwirklicht und den Zweck der Versammlung erreicht. Deshalb kommen wir in der Abwägung zu dem Ergebnis, dass den Anwohnern und Urlaubern keine weiteren Eingriffe in ihre Grundrechte durch das Camp mehr zugemutet werden können“, sagt Robert Schlenker.

Protestierer wollen Widerspruch einlegen

Genau dies träte jedoch ein, wenn die Teilnehmer auch über den 31. August hinaus im Rathauspark campieren würden. Deshalb fordert der Kreis sie in seiner Verfügung auf, das Camp im Laufe des ersten Septembers aufzulösen und den Park zu verlassen. Wie im Rechtsstaat üblich, kann der Veranstalter Widerspruch gegen die Entscheidung einlegen. Er hätte allerdings keine aufschiebende Wirkung – der Park wäre trotzdem fristgemäß zu räumen.

Keine Ausweichfläche von der Gemeinde

Kurzfristig fand ein Gespräch zwischen dem Verantwortlichen des Camps, dem Bürgervorsteher, dem Bürgermeister, dem Ordnungsamt und der Polizei statt. Das teilte Bürgermeister Nikolas Häckel auf Facebook mit. „Ziel war es zu klären, wie die freiwillige Auflösung des Camps erfolgt und bis wann der Rathauspark wieder wie vorgefunden hergestellt wird“, schrieb Häckel. Es wird keine Duldung des Camps geben und die Gemeinde wird auch keine Ausweichfläche zur Verfügung stellen.
Die Verantwortlichen des Camps erklärten, gegen den negativen Bescheid des Kreises vorgehen und einen einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltunggericht beantragen zu wollen. Ob das wirklich geschieht, bleibt abzuzwarten. „Der Appell an die Demonstranten war, das Camp friedlich und freiwillig zu räumen, wenn das Gericht den Bescheid der Versammlungsbehörde bestätigt. Dennoch bereiten wir derzeit das Amtshilfeersuchen gegenüber der Polizei vor, um die Gemeinde Sylt bei der eventuell notwendig werdenden Räumung des Camps zu unterstützen.


Geschrieben von: Nicole Lütke / veröffentlicht am: 01.09.2022
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