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Weihnachtliche Gedanken von Ingo Pohl, Pastor in Morsum

Von dornigen Rosen

Foto: oh

Zugegeben, „Oh du Fröhliche“ geht mir dieses Jahr schwer über die Lippen. Die viel zu hohe Zahl an Impfverweigerern, Hedonisten, Mythenanhängern und unsolidarischen, hochlastigen Viruswirten, deren Freiheitsbegriff leider am eigenen Bauchgefühl endet, bedrückt mich und belastet meine Weihnachtsfreude. Dieses Jahr ist mir ein sehr altes Adventslied viel näher: „Maria durch ein Dornwald ging“. Melodisch ist es leise, nicht kitschig lieblich, sondern eher nachdenklich mit besinnlichen Mollanklängen. Dieser Advent ist mehr als Glühweinromantik, Fudges und „last christmas“ aus dem Autoradio. Dieser Advent macht erlebbar, dass wir noch nicht am Ziel sind, dass wir Menschen unvollkommen sind, das Leben immer nur ein Fragment ist und nicht perfekt, dass Trauer und Schmerz dazu gehören und die Bereitschaft selber neue Wege zu beschreiten, notwendig ist.

Im Lied heißt es, Maria sei unterwegs zu ihrer Tante Elisabeth. Beide sind hochschwanger und ein Kind zu gebären ist für sie ein dorniger Weg.

Die frühe Kirche lässt dann, angekommen bei ihrer Tante, Maria ein Lied singen, das Gott als Befreier und Erbauer einer neuen Gesellschaftsordnung preist.
Das ist Advent: Eintreten für eine gerechtere Welt, ein gemeinsames Bekenntnis zu Solidarität mit den Armen und Übervorteilten der Welt. Wir warten aber auf eine Erlösung, die allein vom Menschen nicht kommen kann, weil wir uns zumeist um die kleinen selbst gebastelten Horizonte drehen. Wir warten auf Erlösung jenseits eines geschichtlichen Verständnisses und konstruierter Planmäßigkeit. Wir warten auf Grenzen sprengende Allbarmherzigkeit. Das wird nicht menschengemacht sein.

Meine Lieben,
so sicher wie es ist, dass dornige Rosen im Frühjahr wieder blühen werden, so ist es in diesem Advent meine mit euch geteilte Sehnsucht, daß auch aus den Dornen unserer Zeit Rosen blühen können. Beschneidungen sind dafür notwendig und guter Dünger ebenso.
Gott würde Mensch, lassen wir es geschehen, ohne Dornen, geht es nicht.


Geschrieben von: oh / veröffentlicht am: 22.12.2021
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