Ein bisher einmaliges Projekt
Startschuss für Senioren-WG im Frühjahr 2022
Foto: Peter MarnitzWesterland.Noch im ersten Quartal des neuen Jahres können einige Sylter Seniorinnen und Senioren ihre Umzugskartons packen. Nach intensiven Verhandlungen mit viel Engagement der Ortspolitik kann das auf der Insel bisher einmalige Modell einer Wohngemeinschaft für ältere Menschen jetzt Wirklichkeit werden. Im Seniorenzentrum an der Steinmannstraße wird ein Teil der ehemaligen Pflegestation zu einer neuen Heimat für elf ältere Sylterinnen und Sylter. Gleich zu Anfang des neuen Jahres soll es eine Informationsveranstaltung für Interessenten geben, bei der auch die Möglichkeit bestehen soll, sich für einen Platz in der WG zu bewerben.
Lange Zeit stand die ehemalige Pflegeetage mit der attraktiven Strandlage im nördlichen Dünengebiet Westerlands leer. Ein Umstand, der den Vorsitzenden des Wohnungsbauausschusses der Gemeindevertretung, Gerd Nielsen (SPD), enorm störte: „Immer wieder zwingt der Mangel an passendem Wohnraum ältere Menschen, die Insel zu verlassen. Gleichzeitig steht an der Steinmannstraße ein großer seniorengerechter Teil des Seniorenzentrums leer.“
Zusammen mit dem Marcus Kopplin, dem Betriebsleiter des Kommunalen Liegenschafts-Managements (KLM), wurde in langen Gesprächen die Idee geboren, die Station mit überschaubaren Mitteln zu einer Senioren WG umzuwandeln. Neben anderen wurden auch Martha Berendes, Vorsitzende des Seniorenbeirates, Ulrike Körbs (Insulaner), Vorsitzende des Sozialausschusses, und Carsten Kerkamm (CDU) in seiner Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender des Wohnungsbauausschusses und Notar mit ins Boot geholt.
Die ins Auge gefasste Etage umfasst elf Zimmer mit einer jeweiligen Größe von rund 25 Quadratmetern inklusive eigenen barrierefreien Sanitäranlagen. Dazu kommen noch großzügige Gemeinschaftsräume mit einer großzügigen voll ausgestatteten Küche.
Als Problem stellte sich gleich zu Beginn der Gespräche heraus, dass KLM sich außerstande sah, als Vermieter quasi die Einzelzimmer in einer Wohngemeinschaft zu vergeben und die Mieter in dieser Wohnform zu betreuen. Marcus Kopplin: „Uns fehlen die personellen Kapazitäten, so ein Projekt zu managen.“ So wurde die Idee geboren, einen gemeinnützigen Verein zu gründen, der die rund 500 Quadratmeter große Wohnetage komplett mietet. „Dieser Verein kann dann die Einzelmieter auswählen und übernimmt so in Selbstverantwortung die Weitervermietung an die WG-Bewohnerinnen und Bewohner“, erklärt Gerd Nielsen das Organisationsprinzip.
Selbstverantwortung beschreibt auch gut das weitere Vorgehen der Ortspolitiker. Carsten Kerkamm übernahm es, eine passende Vereinssatzung zu entwickeln und am 20. Dezember wurde dann offiziell der Verein „Gemeinsam Leben und Wohnen e.V“ gegründet, ein Vorstand gewählt und eine Satzung verabschiedet. Zur ersten Vorsitzenden wurde Martha Berendes gewählt. Weitere Gründungsmitglieder sind Ulla Lunk-Lorek (Stellvertreterin/SWG), Marvin Andresen (Schatzmeister), Maria Andresen (Beisitzerin/Grüne), Peter Schnittgard (Beisitzer/CDU), Nikolas Häckel, Ulrike Körbs (Insulaner), Eberhard Eberle (SPD), Gerd Nielsen (SPD), Marcus Kopplin und Ortwin Merckens (Einrichtungsleiter Johanniter).
Um den Zusammenhalt zu fördern, besagt die Satzung, dass nur Vereinsmitglieder ein WG Zimmer mieten können. Somit können die Mieter dann auch demokratisch das Vereinsgeschehen mitbestimmen. Es gibt auch die Möglichkeit, als Fördermitglied mit 25 Euro Jahresbeitrag die Idee zu unterstützen.
Was nicht in der Satzung steht, ist die attraktive Lage des Hauses. Viele der Zimmer verfügen über direkten Dünenblick. Nicht ohne Stolz führt die neue Vereinsvorsitzende Martha Berendes durch die Räume und verweist auf die Annehmlichkeiten wie zum Beispiel die Nutzung des großen Gartens: „Es besteht auch die Möglichkeit, das Küchenangebot der Johanniter im selben Haus zu nutzen, wenn man mal keine Lust zu kochen hat. Weiterhin gibt es auch für größere Familienfeiern entsprechende Räume.“
Die näheren Wohnbedingungen werden Anfang kommenden Jahres während einer Info-Veranstaltung, die in dieser Zeitung angekündigt wird, vorgestellt. Nach ersten Berechnungen wird die Warmmiete für ein WG-Zimmer und die Nutzung der Gemeinschaftseinrichtungen unter 500 Euro monatlich betragen. Grundbedingung ist ein Alter über 60 Jahre und ein Hauptwohnsitz auf der Insel seit mehr als zwei Jahren. „Wir sind sicher, dass das ein attraktives Angebot für viele ältere Menschen ist, die zum Beispiel nach dem Verlust eines Partners in einer zu großen und zu teuren Wohnung leben“, sind sich Ulrike Körbs und Gerd Nielsen sicher. „Für mich ist das auch ein Beweis, dass die kommunale Politik mit viel Eigeninitiative etwas Gutes für die Bürger erreichen kann“, freut sich Nielsen über das Projekt.
Geschrieben von: Peter Marnitz / veröffentlicht am: 28.12.2021