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Medizinische Versorgung ist ein Menschenrecht

Westerl. Ärztin in Flüchtlingscamps

Foto: Nicole Lütke Diese Fotos entstanden bei früheren Einsätzen der German Doctors in Flüchtlingslagern in Griechenland.

Westerland/Thessaloniki. Wie verzweifelt müssen Menschen sein, die eine Flucht über das Mittelmeer riskieren? Immer die Gefahr im Nacken zu spüren, mit dem Schlauchboot zu kentern und zu ertrinken? Seit Jahren fliehen Menschen aus den verschiedensten Krisenregionen der Welt nach Europa, denn sie fürchten um ihr Leben. Sie suchen nach Schutz oder nach einem Neuanfang. Flüchtlinge sehen in ihrer Heimat keine Perspektive mehr. Darum wagen sie die schwierige und gefährliche Flucht in seeuntauglichen Schlauchbooten – und skrupellosen Schlepperbanden ausgeliefert, die ihnen das letzte Geld abnehmen.

2021 starben oder verschwanden laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) mehr als 3.100 Menschen. Schätzungsweise 938 Menschen haben von Januar bis August 2022 die Überfahrt übers Mittelmeer nicht überlebt oder werden vermisst. Die genaue Zahl der Opfer wird für immer im Dunkeln bleiben. Und solange es Fluchtursachen wie beispielsweise Kriege und Konflikte, Armut, Hunger und Ungleichheit gibt, so lange werden Menschen ihre Heimat verlassen.

Mitte des Jahres 2022 wurden mehr als 55.000 Menschen gezählt, die über das Mittelmeer nach Europa gekommen sind. Italien und Griechenland gehören zu den Ländern, die durch die Anzahl der Geflüchteten stark belastet sind.

Westerland/Thessaloniki.Immer wieder appellieren sie für eine gerechte Aufteilung der Menschen in Europa. Doch eine Lösung ist nicht in Sicht.
Seitdem die sogenannte „Balkanroute“ 2016 abgeriegelt wurde, ist Griechenland für viele Menschen zu einer Art „Endstation“ geworden. Dazu kommt, dass die Europäische Union mit der Türkei 2016 ein Abkommen geschlossen hat. Vereinbart wurde, dass Flüchtlinge, die in Griechenland einreisen, in Aufnahmelagern auf den griechischen Inseln festgehalten werden. Sie sollen in die Türkei zurückkehren. So sitzen tausende Menschen seit Jahren in Griechenland fest.

Flüchtlinge leben in verschiedenen Camps
Die Ärztin Charlotte Aldinger aus Westerland war im Auftrag der Hilfsorganisation „German Doctors“ in der griechischen Stadt Thessaloniki, um dort sechs Wochen ehrenamtlich in Flüchtlingslagern zu arbeiten. Rund um die Stadt gibt es mehrere Camps mit unterschiedlicher Einwohnerzahl – 500 bis 1.000 Menschen leben dort in Containern. Sie hilft auch in speziellen Wohneinrichtungen für unbegleitete Minderjährige, die bis zu 300 Kilometer entfernt von Thessaloniki liegen. „Ich empfinde die seit Jahren bestehende Situation der Geflüchteten in Griechenland als großes Versagen unserer Gesellschaft. Ich wollte selbst aktiv werden, auch wenn der Beitrag zur Verbesserung der Situation noch so klein ist“, erklärt die Ärztin ihre Motivation zu helfen.

Medizinische Versorgung ist ein Menschenrecht
Die international tätige Organisation German Doctors übernimmt die medizinische Basisversorgung an verschiedenen Orten der Welt, wo diese nicht gewährleistet wird. Das Ziel des Vereins ist, allen Menschen das Recht auf seelische und körperliche Gesundheit zu ermöglichen. Die Organisation ist vor allem auf den Philippinen, in Indien, Bangladesch, Kenia und Sierra Leone tätig. Die Ärzte arbeiten dort unentgeltlich.
Um als Arzt für die German Doctors tätig werden zu können, muss man die Voraussetzungen erfüllen. Man kann sich für verschiedene Projekte bewerben. „Da mich die Situation an den Außengrenzen Europas schon seit Jahren beschäftigt, habe ich mich für das Projekt in Thessaloniki entschieden“, sagt die 31-Jährige. Durch mehrere Seminare wurde Charlotte Aldinger fachlich und organisatorisch auf ihre Aufgaben vorbereitet. „Kollegen, die bereits im Einsatz waren, haben von ihren Erfahrungen berichtet. Das war für meine Vorbereitung sehr hilfreich.“
In den Camps wird Charlotte Aldinger mit verschiedenen Krankheitsbildern konfrontiert – von chronischen Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes – bis hin zu akuten Krankheiten wie Erkältungen, Fieber oder Halsschmerzen. „Dazu kommen viele junge Menschen mit unterversorgten Wunden, die einer längere Versorgung brauchen. Es gibt aber auch einige hoch ansteckende Krankheiten, die sich aufgrund der beengten Lebensverhältnisse schneller verbreiten.“

Seelische und körperliche Leiden
Die meisten Camps sind nur rudimentär ausgestattet, erzählt die Ärztin. Liegt ein Notfall vor, wird sofort eine Krankenhauseinweisung veranlasst. In anderen Fällen wird über einen Sozialarbeiter ein Termin bei einem griechischen Facharzt organisiert. Die Medikamente kommen der griechischen Partnerorganisation, ARSIS, der Association für Social Support of Youth. Diese arbeitet mit den German Doctors zusammen und finanziert sich durch Spenden und durch staatliche Förderung. Aber auch German Doctors setzt Spenden ein, um Medikamente zu kaufen.
Neben den körperlichen Erkrankungen leiden die Menschen in den Camps vor allem an seelischen Traumata. „Wir haben meist nur sehr kurzen Kontakt mit den Menschen, sodass häufig die körperlichen Leiden im Vordergrund stehen. Wir versuchen jedoch durch ein hohes Maß an Gesprächsbereitschaft unsererseits sowie Zuwendung, Respekt und Geduld, ihnen während der medizinischen Untersuchung das Gefühl von Sicherheit und Würde zu geben und einen Raum zu schaffen, an dem sich um jede einzelne Person und deren Probleme gekümmert wird. In den Camps gibt es zusätzlich fest angestellte und sehr engagierte Psychologen und Psychologinnen, mit denen wir eng zusammenarbeiten.“

Mehr Informationen über den Verein gibt es unter www.german-doctors.de. Wer die Organisation untersützten möchte: Spendenkonto, IBAN: DE26 5502 0500 4000 8000 20 Stichwort: Gesundheit schenken.


Geschrieben von: Nicole Lütke / veröffentlicht am: 24.01.2023
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