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Seit 40 Jahren thront die Wilhelmine am Eingang zur Fußgängerzone

Ein Prachtweib voll Gesundheit

Foto: Archiv

Von Frank Berno Timm

Westerland. Da thront sie in der winterbedingt trockengelegten Badewanne. Wilhelmine, so nennt sie jeder, ist eine Frau auf der Höhe ihrer Lebenszeit: 40 Jahre steht in den Glückwünschen zum Geburtstag. Als Wilhelmine 1980 enthüllt wurde, gab es noch andere, stattliche Geburtstage: Westerland – bekanntlich eine junge Kommune – wurde 75 Jahre alt und war seit 125 Jahren Bad.

Die Bildhauerin Ursula Hensel-Krüger ist die Schöpferin der umfänglichen Brunnendame. Architekt auf Seiten der früheren Stadt Westerland war Friedrich Hentrich aus dem Stadtbauamt. Seine Erinnerungsmappe mit Notizen, alten Skizzen, Zeitungsartikeln, Fotos und Festprogrammen ist umfangreich. Hentrich berichtet dort von ersten Kontakten mit der Künstlerin wegen des Brunnens im Jahr 1979. Er besuchte mit seiner Frau die Bildhauerin, die nach Rückkehr von einer Reise zunächst mitgeteilt hatte, dass sie keinen Entwurf anbieten könne.

Kein Entwurf möglich?

Hentrich war enttäuscht, sah sich aber im Haus der Künstlerin und auch auf dem Dachboden um und entdeckte dort „ein kleines Regal mit diversen Gipsfiguren, darunter in einer flachen, ovalen Schale eine zirka 15 Zentimeter hohe, weibliche Gipsfigur“. Er nahm die Gipsfigur mit und stellte sie im Bauausschuss vor: Das Gremium stimmte zu, auch der Magistrat war einverstanden, ein verbindliches Angebot der Künstlerin sollte folgen. Der Schul- und Kulturausschuss der Stadtvertretung verlangte allerdings weitere Entwürfe anderer Künstler, die auch eingingen. Die Parlamentarier wollten eine weniger füllige Wilhelmine.

Und dennoch: Es ging mit weiteren Beschlüssen in Richtung Wilhelmine. Mitte Dezember wurde ein schriftlicher Auftrag erteilt. Der Name „Wilhelmine von Sylt“ wurde parallel mit der Modellierung in Lehm geboren und die „Badewanne“ entworfen. Zusätzlich musste die Wasserversorgung für den Brunnen entworfen und hergestellt werden. Im Atelier der Künstlerin entstand schließlich die Gipsform, die zum Gießen der Bronzevariante nach Berlin geschafft wurde. Anfang Juli wurde die Wilhelmine dann montiert, der damalige Bürgermeister Volker Hoppe weihte sie am 5. Juli 1980 ein.
„Es müsste ein Prachtweib entstehen voll Gesundheit und Lebensfreude (als Symbol für den Kurort Westerland und die gute Luft von Sylt)“, schrieb Hensel-Krüger im Juli 1979 an den Magistrat. Sie bekommt 53.000 Mark und bittet darum, die Figur gegebenenfalls im Ausland ein zweites Mal installieren zu dürfen.

Wer war die Schöpferin?

Wer war die Schöpferin? Ursula Hensel-Krüger wurde 1925 in Hamburg geboren, lebte als Kind in den USA, arbeitete während des Zweiten Weltkriegs als Kindergärtnerin in Kiel und studierte nach 1945 weitgehend autodidaktisch Bildhauerei. Es folgten erste Ausstellungen, Reisen und Aufenthalte nach und in Paris, Mittel- und Südamerika und in die frühere Sowjetunion. Die Bildhauerin nahm an vielen Landesschauen teil, hatte immer wieder Aufträge für „Kunst am Bau“. Seit 1963 lebte sie in Westerland.

Als ihr Mann 1983 starb, beendete Ursula Hensel-Krüger ihre künstlerische Arbeit. Sie hatte den Tod ihres Sohnes nicht verwunden und wählte am 25. Februar 1992 den Freitod. Im Lexikon Schleswig-Holsteinischer Künstler heißt es weiter, dass damit ihr Wunsch, unter Benutzung ihrer fast 300 Tagebücher eine Autobiografie zu schreiben, unerfüllt geblieben sei.


/ veröffentlicht am: 30.12.2020
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