Ein Gespräch mit Rolf Klaumann über seinen Beruf und seine Berufung
Von sinnlichen Erlebnissen
Foto: Nicole Lütke Die auf Sylt als „Badebuchhandlung“ berühmt gewordene Buchhandlung von Rolf Klaumann befindet sich an der Friedrichstraße, unweit von H.B. Jensen.Westerland. Es gibt Bücher, die man nie vergisst – das Buch, aus dem Eltern oder Großeltern früher vorgelesen haben. Das erste, das man ganz ohne Hilfe lesen konnte. Spannende Geschichten, die einen fesselten oder auch Gedichte, die berührten. Mit manchen Werken verbindet man besondere Erinnerungen an bestimmte Lebensabschnitte: Wer hat mir dieses Buch nahegebracht? Und was hat das Gelesene mit mir gemacht?
Fragt man Rolf Klaumann, Besitzer der Badebuchhandlung in der Innenstadt, welches Buch für ihn unvergesslich und prägend war, gibt es für ihn nur eine Antwort: „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer. Das war das erste Buch, das ich komplett selbstständig und mit Vergnügen gelesen habe.“
Das geschriebene Wort, es lässt ihn nicht mehr los. Seine Berufung sind die Bücher und sie werden auch sein Beruf. Ende der 70-er Jahre macht er auf Sylt eine Ausbildung zum Buchhändler, in der gleichen Buchhandlung, die bis heute sein zweites Zuhause ist. 1998 wagt er den Schritt in die Selbstständigkeit, seit 25 Jahren verführt er seine Kundinnen und Kunden zum Lesen. „Es ist schön, wenn man Menschen für Bücher begeistern kann“, sagt der 69-Jährige.
Mit großer Leidenschaft sucht er gemeinsam mit seinem fünfköpfigen Team ein erlesenes Büchersortiment zusammen, das sich die Kunden im wahrsten Sinne des Wortes erlesen können. „Aus der Fülle der Neuerscheinungen treffen wir eine Auswahl, von der wir überzeugt sind“, erklärt Rolf Klaumann. Regionale Literatur, gebundene Belletristik und vor allem Kinderbücher sind die Schwerpunkte, auf die das Team setzt. „Es kommt darauf an, eine interessante Mischung zu finden. Dazu gehören Trends, Bücher, die man selbst gerne lesen möchte solche, die in den Medien verbreitet werden.“
Da das Publikum auf Sylt sehr heterogen ist, muss das Sortiment entsprechend breit gefächert sein. „Das ist natürlich eine Herausforderung, aber gerade das macht den Reiz des Jobs aus.“ Und dann kommt es auf das richtige Gespür und Menschenkenntnis an. „Ich möchte den Kunden neugierig machen, sein Interesse für das Buch wecken.“ Wie Klaumann das macht? – Er erzählt eine gute Geschichte zum Buch. „Wenn ich den Inhalt so interessant vermitteln kann, dass der Kunde am Ende begeistert ist und wiederkommt, habe ich meinen Job gut gemacht.“
Dass sich dieser durch die Konkurrenz des Internets in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat, sieht der Buchhändler als Herausforderung. „In den ersten Jahren stellte sich eine Art ‚Ohnmachtsgefühl‘ ein, heute ist das Internet eine Selbstverständlichkeit. Wir Buchhändler mussten lernen, dem Trend etwas Eigenes entgegenzusetzen.“ Ohne eigene Homepage, Internet-Shop, Facebook und Instagram geht es heute nicht mehr. Während des Corona-Lockdowns hat Rolf Klaumann einen Podcast mit Buchbesprechungen initiiert, um weiter präsent zu sein. Wird das Buch mit der „TikTok-Generation“ aussterben? Da wird Klaumann energisch: „Das Buch wird weiterhin seinen Stellenwert haben und nicht aussterben. Der Zugang zu Büchern hat sich durch Internet und soziale Medien verändert, heute erfahren junge Menschen eben über „TikTok“ oder Instagram von einem neuen Buch, das sie dann bei uns kaufen.“
Und wer liebt nicht das Rascheln der Seiten, den künstlerisch gestalteten Einband oder den Geruch eines Buches: Das Lesen von Büchern ist auch ein sinnliches Erlebnis, das kein digitaler E-Reader ersetzen kann.
Geschrieben von: Nicole Lütke / veröffentlicht am: 19.12.2023