60 Prozent weniger Schweinswale vor Sylt
„Schutzgebiete nur auf dem Papier“
Foto: Shutterstock // Chase DekkerInsel Sylt.(red/fbt) „60 Prozent weniger Nordsee-Schweinswale in ihrem Kernvorkommen vor der Insel Sylt sind ein deutliches Alarmsignal“, sagte Katharina Weinberg, Naturschutzreferentin der Schutzstation Wattenmeer. Forscher der Tierärztlichen Hochschule Hannover haben in einer Studie einen starken Bestandsrückgang bei den streng geschützten Kleinwalen am Sylter Außenriff nachgewiesen (durchschnittlich 3,8 Prozent Abnahme pro Jahr von 2002 bis 2019). „Die Schutzgebiete bestehen überwiegend nur auf dem Papier“, kritisierte Weinberg. Besonders die Fischerei mit Grundschleppnetzen schädige die empfindlichen Lebensgemeinschaften auf dem Nordseegrund und raube den Kleinwalen ihre Nahrungsgrundlage. Jedes Jahr im Juni bringen die Tiere westlich von Sylt ihre Jungen zur Welt und sind während dieser Zeit auf eine gute Versorgung mit Sand-Aalen angewiesen.
„Die Fischerei ist weder im Walschutzgebiet des Landes Schleswig-Holstein noch in den Meeresschutzgebieten des Bundes nennenswert reglementiert“, berichtete die Naturschützerin. Die vor allem von dänischen Kuttern betriebene „Gammelfischerei“, bei der der gesamte Fang zu Viehfutter verarbeitet wird, trage stark dazu bei, den Walen wichtiges Futter zu entziehen. „Hering und Makrele sind für die Wale kaum noch vorhanden und nun ruinieren überhöhte Fangquoten auch den Bestand des Sand-Aals, des letzten geeigneten Nahrungsfischs für die Schweinswale“. Als mögliche weitere Ursache für das Verschwinden der Schweinswale aus ihrem angestammten Fortpflanzungsrevier haben die Forscher der Tierärztlichen Hochschule den erheblichen Unterwasserlärm bei der Errichtung der Offshore-Windparks vor dem Sylter Außenriff ausgemacht.
Offshore-Ausbau zu laut
Gerade zur Kalbungsperiode im Sommer reagierten die Meeressäuger besonders empfindlich auf Störungen durch die sehr lauten Rammarbeiten für den Ausbau der Windenergie.
Die Naturschützerin fordert: „Bund und Land müssen in ihren Schutzgebieten endlich mehr für die kleinen Wale tun, entsprechende Regelungen finden und auch umsetzen“. Besonders bei den Fischereiregeln, wo maßgeblich das Bundeslandwirtschaftsministerium „auf der Bremse steht“, seien endlich Verbesserungen erforderlich. Doch auch beim geplanten massiven Ausbau der Windenergie sind nach ihrer Ansicht technische Nachbesserungen überfällig. Sonst würden die Schweinswale bald vor unserer Küste verschwunden sein.
/ veröffentlicht am: 12.02.2021