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Opa und Enkel erzählen aus ihrem Leben bei der Sylter Polizei

„Heute haben wir kein Gewehr mehr“

Foto: Bettina Dethloff Jan-Hendrik Persson (re) mit seinem Großvater Mike.

Insel Sylt. Bettina Dethloff „Musstet ihr auch mit dem Gewehr in der Hand durch den Matsch robben?“, fragte Klaus Persson seinen Enkel, als sie sich bezüglich ihrer Ausbildung austauschten. Der 26-jährige Jan-Hendrik erklärte kopfschüttelnd: „Mensch Opa! Heute haben wir doch kein Gewehr mehr in der Hand, sondern eine Pistole!“„Eine Pistole hatten wir ,alten Gendarmen‘ natürlich auch“, bekam er zu hören. Der Jüngere ist Polizeiobermeister und mit 16 jungen Kollegen auf Sylt im Bäderdienst tätig. Der Ältere ging 2003 als Oberkommissar in Rente und ist heute noch besser bekannt als „Mike“ oder auch als „Hörnumer Dorfsheriff“. Mike erlernte zunächst den Beruf des Zimmerers und war im Bereich des Fertighausbaus tätig, bevor er sich bei der Polizei bewarb. Damals war eine Mindestgröße von 1,68 Meter vorgeschrieben, die hatte er nicht. „Doch ich war ja nicht klein, nur kurz“, witzelte der rüstige Rentner.

Die Aufnahmeprüfung war der heutigen ähnlich, Sport- und Gesundheitstests gehörten ebenso dazu wie Diktate oder sprachliche Ausdrucksweise. So forderte der Prüfer Mike auf: „Verkaufen Sie mir bitte ein Fertighaus.“ Im Ernstfall hätte er es gekauft, so sagte er hinterher. Und auch die übrigen Testergebnisse fielen sehr gut aus. „So nahmen sie mich mit meinen 166,5 Zentimetern“, verriet Persson schmunzelnd.

Nach der Polizeischule war er in der ersten und in der zweiten Hundertschaft tätig, teils in Kiel, teils in Eutin. „Das war nicht immer leicht, aber der Zusammenhalt untereinander war klasse!“, erinnerte er sich gern zurück. Zweimal kam er im Rahmen des Bäderdienstes nach Sylt. Als er später von Waldemar Dorsch, dem damaligen Wachleiter, gefragt wurde, ob er ganz nach Westerland wechseln wollte, sagte er zu. Später übernahm er dann die Außenstelle in Hörnum.

„Bei meinem Vorgänger war die Dienststelle komplett in seine private Wohnung integriert“, so Persson. „Ich bekam immerhin in der Hangstraße eine Wohnung mit separatem Dienstzimmer.“ Später wurde eine richtige Dienststelle gebaut, mit jeweils einer angegliederten Wohnung für ihn und für einen Kollegen vom Bäderdienst. Auch das private Auto wurde für den Polizeidienst genutzt. Und wenn das anderweitig gebraucht wurde, musste er vorübergehend mit einem Dienstfahrrad zurechtkommen. Und die Busfahrer fragten regelmäßig, ob sie ihn mitnehmen sollten. Sein ständiges Ärgernis waren die Dauerfalschparker auf den Gehwegen. „Viele haben stoisch meine Mahnungen ignoriert und dafür Knöllchen riskiert.“ Sein täglich Brot waren auch alkoholisierte Autofahrer: „Das kam so oft vor, wir hätten mit Führerscheinen Skat spielen können.“

„Das ist heute auch oft so“, wirft sein Enkel leise ein.
Als er zum ersten Mal den Wunsch äußerte, zur Polizei zu gehen, riet sein Opa ihm ab: „Übernehme lieber den Handwerksbetrieb vom Papa.“
Jan-Hendrik absolvierte die Ausbildung zum Installateur, sah sich aber nicht so richtig als Nachfolger seines Vaters. Der wäre selbst gern Polizist geworden, eine Farbschwäche der Augen hatte das seinerzeit verhindert. Sein Sohn bewarb sich schließlich doch bei der Polizei Schleswig-Holstein und ging nach Eutin.

Während der Großvater damals mit einem alten Kriegsgewehr zu einem Bundeswehr-Schießplatz marschieren musste, durfte der Junior die Schießübungen in der modernisierten Polizeischule absolvieren. Doch auch er landete in „Kiel auf der Straße“, war im Rahmen der Ausbildung ein halbes Jahr lang auf dem 1. Revier der Landeshauptstadt tätig. Er fühlte sich wohl, lernte aber auch die Schattenseiten seines Berufes kennen, zum Beispiel die Benachrichtigung vom Tod eines Angehörigen – gemeinsam mit einem erfahrenen Kollegen, versteht sich. Oder die Verfolgung eines bewaffneten Täters: „Wir sind mit gezückter Waffe hinter ihm her in ein Geschäft gelaufen“, sagte er leise. „Da hab‘ ich schon überlegt, was ich da eigentlich mache.“

Im Herbst wird er zurückkehren nach Kiel, um seine erste feste Stelle anzutreten. Er freut sich drauf. Die Erfahrungen auf Sylt möchte er aber nicht missen: „Stand jetzt, bin ich so richtig angekommen“, betonte er. „Der Polizeidienst war eine gute Entscheidung.“

Wir fragten seinen Großvater nach seinem lustigsten Erlebnis. Mike Persson zögert keine Sekunde: „Während einer Streifenfahrt nach Hörnum registrierte ich zwei Wildenten, die in einem Teich in den Dünen eingefroren waren. Das tat mir unglaublich leid. Doch ich war unter Zeitdruck und fuhr weiter. Als ich sie auf dem Rückweg in der Dämmerung wieder sah, überlegte ich, wie man die Tiere gefahrlos retten könnte. Ich funkte einen Kollegen an, ob er mit zwei Tampen hinkommen könnte. Und der fragte: „Meinst du etwa die beiden Kunststoff-Enten?“
Während der Senior dröhnend lacht, stöhnte der Jungpolizist auf und erklärte: „Oh Gott, da hätte ich lieber die Enten gerettet und behauptet, die waren doch echt.“
Und was war die schlimmste Erfahrung? Nun musste der Oberkommissar kurz überlegen: „Das Schlimmste ist mir erspart geblieben. Überwiegend hat die Arbeit Spaß gemacht.“
Bleibt zu wünschen, dass sein Enkel das auch in ferner Zukunft genauso sagen kann.


/ veröffentlicht am: 23.06.2021
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