Azubine vom Café Wien gewinnt Landeswettbewerb
Frisch gebackene Landesmeisterin
Foto: Imke Wein Olivia Hänsig bleibt dem „Café Wien“ erhalten und besucht die Meisterschule.Westerland. Eigentlich ist „Spider Man“ schuld: Als Olivia Hänsig vor ein paar Jahren in ihrer Heimatstadt Leipzig ein Schülerpraktikum in einer Bäckerei absolvierte und eine Superhelden-Figur aus Marzipan modellierte, wurde offenbar, dass sie Talent hat. „Der ,Spider Man’ kam gut an. Ich habe gemerkt, dass mir diese kleinen, feinen Arbeiten besonders liegen“, erzählt die frisch gebackene Konditorin des „Café Wien“ von ihrem Schlüsselmoment.
Was bei der Wahl-Sylterin zwischen dem ersten Erfolgserlebnis und ihrem Sieg beim Nachwuchs-Konditoren-Landeswettbewerb Ende August in Lübeck passiert ist? Nach ihrem Praktikum stand fest: „Ich will Konditorin werden.“ Olivia ging mit ihren Großeltern in Deutschland „auf Tour“, um den für sie besten Lehrbetrieb zu finden. Erst arbeitete sie Probe bei einer Großbäckerei mit 30 Filialen in München. „Das war nicht so meine Welt“, meint sie im Nachhinein.
Die kleine Reisegruppe fuhr einmal quer durch die Republik, zog weiter Richtung Norden. Ziel: das „Café Wien“ an der Westerländer Strandstraße. Olivia schnupperte Backstubenluft im Sylter Familienbetrieb und war begeistert. „Das riesige Tortensortiment, die Spezialaufträge, die Schokomanufaktur und dieses Team – ich wusste sofort: Hier bin ich richtig und kann meine Kreativität ausleben“, bringt sie ihren ersten Eindruck von vor dreieinhalb Jahren auf den Punkt.
Sie machte noch ihren Realschulabschluss, sagte „Tschüß“ zu ihren Eltern und Geschwistern und zog nach Sylt. „Am Anfang bin ich regelmäßig an den Wochenenden nach Leipzig gefahren. Acht Stunden hin, acht Stunden her. Irgendwann habe ich nicht nur den Arbeitsplatz, sondern die ganze Insel und die Menschen ins Herz geschlossen und fühle mich heute rundherum wohl hier“, berichtet die frisch examinierte Jung-Konditorin.
Natürlich erlernte sie die Basics der Torten- und Chocolatierkunst, hatte aber wie alle Azubis im Haus auch ihre individuellen „Spielwiesen“. Fehler machen gehört auch zum Erfahrungsschatz: Gern erinnert sich Olivia an den Klassiker im „Café Wien“: „Die Friesentorte ist mit dem Blätterteigboden ziemlich rutschig auf der Platte. Ich habe mit Schwung einmal mitten im Café eine komplette Torte an den Fußboden verloren“, erzählt sie lachend.
Bei der Gesellenprüfung in Lübeck – in ganz Deutschland war für alle Prüflinge dieser Handwerkskunst das Thema „Kontraste“ vorgegeben – passierte ihr das nicht. Sie hatte sich eigene Kreationen ausgedacht und bekam im praktischen Teil die besten Noten des Jahrgangs.
Als sie sich Ende August in Lübeck mit vielen anderen Jung-Konditoren dem Landeswettbewerb stellte, waren die Anforderungen nochmal höher: Olivia formulierte das Kontraste-Thema mit eigenem Ansatz, betitelte ihre Arbeit mit „Wie Weihnachten und Ostern zusammen“, fabrizierte Köstlichkeiten wie „Lebkuchen Petit-Fours“, „Eierlikör-Tupfen“ oder eine „Orangen-Walnuss-Torte mit Rübliboden“. Das Prüfer-Team kürte sie zur Landesbesten.
Neben einem großen Werkzeugkoffer und reichlich Anerkennung im Team erhielt sie eine Einladung zum Bundeswettbewerb Anfang November in München, wo ihre Ausbildungstour vor ein paar Jahren startete. Die nächsten drei Jahre bleibt sie dem „Café Wien“ erhalten und absolviert ihre Meisterprüfung. So ist der Plan. „Aber klar, dann möchte ich sicher nochmal in die Welt ziehen, nach Frankreich und in die Schweiz, da, wo die besten Konditoren arbeiten. Irgendwann eröffne ich vielleicht mein eigenes Geschäft, aber das ist wirklich noch Zukunftsmusik“, meint die „ausgezeichnete“ Olivia.
Geschrieben von: Redaktion / veröffentlicht am: 26.09.2023