Angeklagter aus Sylt gesteht Raubüberfall
Es gab einen Insider-Tipp
Foto: Archiv Hatten angeblich einen Einbruch geplant: die drei Angeklagten (22 bis 34 Jahre alt, rechts der Angeklagte aus Sylt) im Gerichtssaal hinter ihren Rechtsanwälten Sascha Bloemer, Selina Röhrl und Dörthe Clemens (v.l.n.r.).Insel Sylt/Wuppertal. Ein 26 Jahre alter Angeklagter aus der Gemeinde Sylt hat seine Beteiligung an einem brutalen und überregional organisierten Raub gestanden. Bei dem Geschehen soll eine Frau (47) in ihrer Wohnung gefesselt, geknebelt und mit Verstümmelung bedroht werden sein. In einem Prozess vor dem Landgericht Wuppertal ist der 26-Jährige mit zwei weiteren Männern (22 und 34 Jahre alt) angeklagt. Sie bestätigen den Ablauf, bestreiten jedoch Einzelheiten. Sie geben zu, dass es einen Insider-Tipp gab: Die Frau sollte nach einem Immobilienverkauf viel Geld in ihrer Wohnung verwahren. Die Männer sitzen in Untersuchungshaft. Zum Start des Verfahrens hatte der vorsitzende Richter ihnen klar gemacht: „Ich will von Ihnen wissen, was passiert ist.“
Der Anklage zufolge klingelten die Männer am Morgen des 16. November 2021 maskiert mit Corona-Masken an der Wohnung der Geschädigten in Solingen. Als sie öffnete, hätten die Männer sie in die Wohnung gedrängt und auf einem Stuhl gefesselt. Sie habe sich gewehrt und gebissen. Einer habe ihr ein aufgeklapptes Taschenmesser gezeigt und gedroht: Damit werde er ihr die Finger abschneiden, wenn sie ihr Geld nicht her gäbe.
Dazu kam es nicht. Die Angreifer flüchteten mit einigen hundert Euro, Schmuck und zwei Computern. Die Frau konnte Hilfe rufen. Sie blieb körperlich unverletzt.
Der Tipp zum Überfall soll den Angeklagten zufolge von einem Umzugsarbeiter stammen: Er habe während eines Auftrags für die 47-Jährige von ihren finanziellen Verhältnissen erfahren. Die Information habe er weitergeleitet. Bei den Angeklagten sei sie nach Zwischenstationen per Telefon eingegangen. Der 26-Jährige aus Sylt habe angelernt in der Gastronomie der Insel gearbeitet. Er und der jüngste Angeklagte aus Saarbrücken seien zum Tatort gereist. Beide geben an, Marihuana und Kokain zu konsumieren. Sie sollen sich aus gemeinsamer Zeit in einem Obdachlosenheim an einem früheren Wohnort kennen. Nach der Notlage hätten sie intensiv Kontakt gehalten. Der vorsitzende Richter kommentierte: „Und jetzt gucken Sie sich nicht mehr an.“ Der älteste Angeklagte bestätigte, er habe den Tipp weitergesagt. Minuten vor dem Überfall habe er das Haus der Geschädigten noch ein letztes Mal fotografiert. Das Bild habe er zum jüngsten Angeklagten geschickt – zur Orientierung. In der Wohnung sei er nicht mit dabei gewesen. Dafür soll ein bislang unbekannter, weiterer Mann der Dritte am Tatort gewesen sein. Bei der Identifizierung des Ältesten soll laut Gericht sein massiver Körperbau eine Rolle spielen. Die Polizei werde der Geschädigten bis zum nächsten Sitzungstag Fotos des Mannes vorlegen.
Der 26-Jährige aus Sylt sagte, er habe anfangs nicht mit einem Raub gerechnet: „Ich dachte, dass es um einen Einbruch gehen sollte.“ Geklingelt hätten sie aus seiner Sicht, um sich zu vergewissern, dass niemand da sei. Er habe sich geweigert, die Überfallene zu fesseln und seinen Mittätern gesagt: „Ich fasse keine Frau an.“ Ein Handtuch, das mit zum Knebeln gedient hatte, habe er nicht berührt. Darauf zeigte der Vorsitzende eine Geste, als würde er mit beiden Händen ein Stück Stoff stramm ziehen und hielt dem Mann vor: „DNA an beiden Enden.“ Den Spuren zufolge müsse er mit dem Handtuch hantiert haben. Der Angeklagte verneinte das. Den Anwälten zufolge wollen die Angeklagten eine Aussage der Frau im Zeugenstand entbehrlich machen, um sie nicht zu belasten. Sie bäten um ihre Entschuldigung.
Das Gericht will am Freitag, 5. Mai, weiter verhandeln. Ihre Sylter Zeitung wird Sie natürlich auch weiterhin über den Prozessverlauf auf dem Laufenden halten.
Geschrieben von: Dirk Lotze / veröffentlicht am: 26.04.2023