23 Freiwillige und zwei hauptamtliche Kräfte am Werk
Die Faszination des Watts
Foto: Schutzstation Wattenmeer Eine Tour durch das Watt ist ein Erlebnis – vor allem für Kinder und Jugendliche, die zum ersten Mal das Meer sehen.Hörnum. Seit 50 Jahren im Einsatz für das Wattenmeer: Die Schutzstation in Hörnum feiert in diesem Jahr ein ganz besonderes Jubiläum. Die Hörnumer Station war die Erste, die auf Sylt gegründet wurde. 1974 begannen die ersten Zivildienstleistenden Peter Prokosch und Udo Seedorf, im „Norwegerhaus“, einer ehemaligen Kirchenbaracke, eine kleine Naturschutzausstellung und einfache Unterkünfte einzurichten. Seither hat sich die Station zum größten Standort des Vereins an der Westküste entwickelt.
Dennis Schaper leitet seit über neun Jahren die Schutzstation Wattenmeer auf Sylt. Aus Gesprächen mit Peter Prokosch und Udo Seedorf weiß er, wie schwierig die Anfänge waren. „Das Norwegerhaus war nicht elektrifiziert. So war es die erste Aufgabe der beiden, erstmal Stromkabel zu verlegen.“ Mit bescheidenen Mitteln stellten sie in nur wenigen Monaten die erste Ausstellung zusammen. „Diese beschäftigte sich mit den Lebewesen im Watt und den Zugvögeln“, weiß Dennis Schaper, der die Station heute leitet. Die Anfänge der Schutzstation waren von viel Skepsis begleitet. „Die Bedeutung des Naturschutzes war damals nicht allen Menschen klar.“ Es waren auch Sylter, wie beispielsweise der Lehrer Kuno Ehlfeld, der die Gründung der Station unterstützte. Heute ist das Kuno-Ehlfeld-Haus, in dem die Freiwilligen während ihres Aufenthaltes auf Sylt leben, nach ihm benannt.
„Die Idee der Umweltbildung, so wie wir sie heute kennen, war vor 50 Jahren nicht so verbreitet. Sie war geradezu revolutionär“, sagt Dennis Schaper. Man war der Meinung, dass man den Menschen von der Natur fernhalten muss, um sie zu schützen. „Heute ist das ganz anders. Damit Menschen ein Verständnis für die Natur entwickeln können, muss man sie erklären und den Menschen zeigen.“ Frei nach dem Gedanken: Wir schützen, was wir kennen und wofür wir uns begeistern. „Es ist schon etwas ganz Besonderes, Kindern und Jugendlichen die Besonderheiten und Schönheiten des Watts näher zu bringen“, sagt Angela Schmidt. „Am Anfang sind manche etwas gelangweilt, aber am Ende einer Tour sind sie total begeistert.“ Angela Schmidt leitet die Station Rantum und Puan Klent. Dazu ist sie für die Naturschutzprojekte auf der Insel sowie die Schulungen der Freiwilligen zuständig.
Aktuell arbeiten 23 Freiwillige und zwei hauptamtliche Kräfte in den fünf Sylter Schutzstationen. Sie betreuen in Morsum, Keitum, Rantum, Puan Klent und Hörnum den Nationalpark Wattenmeer an der Wattseite, das Naturschutzgebiet Schleswig-Holsteines Wattenmeer mit der Hörnumer Nehrung – ein Vogelschutzgebiet – sowie die Dünenschutzgebiete rund um den Ort und an der Südspitze, der Odde. Die Arbeit umfasst zahlreiche Aufgaben, darunter beispielsweise Umweltbildungsveranstaltungen mit unterschiedlichen Gruppen, Schutz des Seevogelrastplatzes Hörnumer Nehrung, Rastvogelzählungen, Brutvogel-Kartierungen, Biotopschutzmaßnahmen und viele mehr. „Unsere Arbeit stößt auf große Resonanz und Interesse. 2022 hatten wir rund 100.000 Gästekontakte“, sagt Dennis Schaper. Vor allem die Freiwilligen, die jedes Jahr nach Hörnum kommen, sind für die Schutzstation unverzichtbar. „Ohne das Team würde hier nichts laufen“, sagt der Leiter. Die Schutzstation erhält vom Land sogenannte Betreuungsgelder vom Land Schleswig-Holstein für die Pflege der Dünen- und Heidelandschaften. Die Hälfte ihres Budgets erwirtschaftet die Station selbst durch Veranstaltungen und Führungen. Darüber hinaus stellen die Förderer und Spender eine wichtige Säule der Finanzierung dar. Dazu kommen Mittel aus Projektgeldern.
In den vergangenen 50 Jahren sind die Aufgaben gewachsen und auch die Themen haben sich verändert. „Das Thema Plastikmüll gab es in diesem Ausmaß nicht, genauso wie Klimawandel“, sagt Angela Schmidt. Besonders die Auswirkungen des Klimawandels treiben Dennis Schaper um. „Steigt der Meeresspiegel, werden voraussichtlich große Teile des Watts nicht mehr trockenfallen. Die Folge: Vögel, die sich von den Organismen im Watt ernähren, kommen nicht mehr an sie heran.“ Und auch die Sommersturmfluten werden vermutlich zunehmen, die Salzwiesen regelmäßig überspült. Doch dort brüten in dieser Zeit die Vögel, sodass die Küken ertrinken unterstreicht Angela Schmidt. „Der Klimawandel passiert eben nicht nur in fernen Ländern, sondern direkt vor unserer Haustür“, sagt Dennis Schaper. Auch aus diesem Grund sehen die Mitarbeiter der Schutzstation es als ihre Aufgabe an, die Faszination und die Funktion des Wattenmeers zu vermitteln. „Das Wattenmeer ist einer der produktivsten Ökosystemen des Planeten. Jeder sollte dieses einmalige Weltnaturerbe bei einer Tour auf sich wirken lassen und mit allen Sinnen wahrnehmen und begreifen“, sagt Angela Schmidt.
Am vergangenen Sonntag wurde das Jubiläum mit einem Tag der offenen Tür in der Schutzstation gefeiert. Die zahlreichen Gäste schauten sich die spannend konzipierte Ausstellung mit vielen Fundstücken aus dem Wattenmeer an. Durch die Aquarien bekommt man einen genaueren Einblick in die Welt der Nordsee mit ihren unterschiedlichen Lebewesen wie Fischen, Muscheln und mehr. Dazu geht es thematisch auch um die aktuellen Herausforderungen rund um die Nordsee wie beispielsweise Plastikmüll. Besonders familienfreundlich sind die Mitmachexponate, durch die kleine Besucher spannende Fakten zur Ökologie des Wattenmeers kennenlernen. Steffi Weilkiens, auch bekannt als die Sägebiene, ließ die Motorsäge kreisen und schnitzte vor den Augen der Besucher eine filigrane Holzskulptur.
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Geschrieben von: Nicole Lütke / veröffentlicht am: 30.05.2024